UNSER APFELHAUS

18. September 1995

Produziert von Jürgen Dehmel

Aufgenommen, abgemischt und gemastert von Ralf Bursy im Rainbow Tonstudio, Berlin • Alle Titel: traditionell • Arrangiert von Jürgen Dehmel und NENA • Orchester – Deutsche Oper Berlin • Keyboards und Klavier – Hawo Bleich • Gitarre – Johannes Gehlmann • Percussion – Philipp Palm • Bass, Gitarre und Keyboards – Jürgen Dehmel • Digitale Vorproduktion im Digilab von Jürgen Dehmel • Orchesteraufnahmen im Audio Tonstudio Berlin von T. Stiehler • Orchester arrangiert von Moses Schneider

“Als ich schwanger war und meine Zwillinge im Bauch spürte”, erinnert sich NENA, “hatte ich plötzlich unbändige Lust, eine Kinderplatte aufzunehmen.”

NENA wählte ihre liebsten Kinderlieder aus, und das Album wurde ein Riesenerfolg bei Presse und Publikum. Heute noch schreiben ihr begeisterte Eltern begeisterter Kinder: “Wann kommt endlich die zweite Kinderplatte?” Nun ist sie da: “Unser Apfelhaus” lautet der Titel.

“Für mich war immer klar; das kann ich nur machen, wenn ich wieder schwanger bin”, erklärt NENA die fünfjährige Wartezeit auf “Unser Apfelhaus”. 28 bekannte Kinderlieder, lustvoll, fröhlich und einfach zum Mitsingen eingespielt. “Ich habe mir das grosse Kinderliederbuch geholt und alle Songs angekreuzt, die ich aus meiner Kindheit kannte und noch nicht auf der ersten Platte gesungen hatte”, erläutert NENA das Auswahlverfahren. Sie grinst: “Ich habe auf diesen beiden Platten alle Kinderlieder eingesungen die ich kannte. Für eine dritte müsste ich dann wohl eigene Songs schreiben. Aber vorher muss ich noch mal schwanger werden…”

Die fünfjährigen Zwillinge Larissa Maria und Sakias Manuel nahm sie zu den Aufnahmen im “Apfelhaus” mit, schliesslich singen wir auch zu Hause viel, warum sollten sie also nicht auf der Platte mitmachen. Sie kennen doch ohnehin jeden Song.” Neuzugang Samuel Vincent Malu weilte während der Aufnahmen noch in Mamas schwellenden Bauch. Aufgeteilt wurde das neue Album in vier Themenblöcke: Frühlingslieder, lustige Lieder, Wandern und Reisen, Schlaflieder. NENA suchte klassisch-schöne und zum Teil schon halb vergessene Lieder heraus: “Häschen in der Grube”, “Auf einem Baum ein Kuckuck sass”, “Die Vogelhochzeit”, “In meinem kleinen Apfel”, “Wem Gott will rechte Gunst erweisen”, “Winde wehn, Schiffe gehn” und viele mehr.

Bloss: Wozu so ein Album in einer Zeit, in der schon sechsjährige zu Weihnachten die neue Michael Jackson-Lucilectric-David Hasselhof-CD haben wollen? “Viele Eltern”; weiss NENA inzwischen, “wollen durchaus gern mit ihren Kindern singen, wissen aber nicht was. Jetzt kann die ganze Familie gemeinsam diese Lieder kennenlernen – das macht einfach Spass.”

Spass ist das Stichwort: Denn darum geht es NENA. “Wenn mir mein Job keine Freude mehr machen würde, hätte ich schon längst etwas anderes gesucht!” Inzwischen kann sie sogar die Auswirkungen des frühen Weltruhms mit Gelassenheit ertragen. “Die Reporter haben sich hinter unseren Mülltonnen versteckt”, erinnert sich NENA, “und hysterische Teenager wollten mir nach den Konzerten die Klamotten vom Leib reissen.”

Die Hysterie begann 1983 mit dem Welthit “99 Luftballons”. Ein DJ in Florida hatte die Single zufällig in die Finger bekommen und dudelte den Deutsch-Pop-Track bis ind die US-Charts. Der Videoclip des Peace Titels lief direkt nach der US-Ausstrahlung des Anti-Atomkrieg-Films “The day after” im TV. “Rolling Stones”, New Musical Express”, “Time”, “Quick”, “FAZ”, “Stern”, “Spiegel” und viele andere berichteten. Nach fünf LP’s in drei Jahren und Hits wie “Nur geträumt”, “? (Fragezeichen)”, “Irgendwie Irgendwo Irgendwann” und “Leuchtturm” löste sich das Quintett “Nena” auf.

Frontfrau Gabriele Susanne Kerner, am 24. März 1960 in Hagen/Westfalen geboren, startete ihre Solokarriere. Doch das Leben der Ex-Goldschmiedin sollte nicht nur aus Ruhm und Glamour, aus Reichtum und richtigen Parties bestehen. NENAs erstes Kind starb; ihre Beziehung zu Schauspieler Benedikt Freitag ging Publikumswirksam in die Brüche. Noch heute, 12 Jahre nach den grossen Erfolgen, muss sie auf Konzerten “99 Luftballons” als Zugabe spielen – selbst wenn sie dírekt zuvor Kinderlieder gesungen hat. Ruhm ist unbarmherzig. “Einmal hat mich sogar eine Amerikanerin am Strand von Hawaii an meiner Stimme erkannt”, erinnert sich NENA. Aber: “Ich stehe zu diesen Lieder; sie sind ein Teil von mir. Sie gefallen mir und es gibt keinen Grund diesen Teil meines Lebens zu verschweigen. Den Gegenpol zum anhaltenden Starrummel bildet die Familie: Larissa Maria, Sakias Manuel, Samuel Vincent Malu und der NENA-Freund Philipp, Samuels Vater. “Bei uns zu Hause ist es nicht immer aufgeräumt”, gibt NENA zu, “aber ich versuche ein Mittelmass an Ordnung aufrecht zu erhalten, weil ich glaube, das Kinder das einfach brauchen.”

Und NENA ist zu Hause eine ganz normale Mama: “Ich wische meinen Kindern den Hintern sauber, koche Mittags Essen für sie und wasche täglich zwei Maschinen Wäsche. ” Überhaupt findet NENA Menschen, die Kinder haben oder mögen einfach netter: ” Das Leben wird anstrengender durch die Kinder, aber auch so viel reicher. Wer das erlebt hat ist offener, toleranter, einfach interessaner.” Und zwischendurch, wenn wieder einmal Alles zuviel wird, der Haushalt ruft, die Kinder quengeln und “kein Land in Sicht ist”? “Dann singen wir. Echt, dann singen wir, und tanze, und spielen, und jeden Tag mindestens Einmal denke ich: Es geht mir doch ganz einfach verdammt gut!”